Interview mit Anke Engelke

„Gestern großer Lachflash in der Straßenbahn.“

Interview mit Anke Engelke

Foto: Disney/Pixar

Sie ist schrill, verwandelbar, urkomisch und absolut nicht auf den Mund gefallen. Als Komikerin, Schauspielerin, Entertainerin, Synchronsprecherin, Moderatorin und Musikerin ist Anke Engelke aus dem deutschen Showbusiness nicht mehr wegzudenken. In die Herzen der Kinder sprach sie sich als „Dorie" in „Findet Nemo", der jetzt mit Teil 2 „Findet Dorie“ in einer 3D-Fassung ins Kino kommt. Es gibt viel zu besprechen mit Frau Engelke ...

Wie sind Sie an die Rolle der „Dorie" gekommen?
Riesenglück: Das Angebot kam, klang super und als ich hörte, dass Ellen DeGeneres das Original spricht, dachte ich, das kann nur gut sein, die macht keinen Mist. Ähnlich war es damals bei „Tarzan“, da gefiel mir die Original-Besetzung auch sofort: Minnie Driver hat die Jane gesprochen. Mir gefällt das, wenn ich mich im Synchronstudio am Original orientieren kann, wenn man als Zuschauer nicht die Engelke hört, sondern sie sogar ein bisschen vergisst, weil man sich ganz auf den Charakter da auf der Leinwand einlassen kann, auf die Geschichte.

Sie drücken Dorie Ihren ganz eigenen Stempel auf, was diesen schrägen Charakter einzigartig macht ...
Finden Sie?

... Absolut – Wie war das für Sie?
Im Synchronstudio starre ich ja tagelang auf einen Fisch, dem Ellen DeGeneres eine Stimme gibt, den sie mit ihrem Ausdruck lebendig macht. Das habe ich nachgemacht, und dann musste ich eben nur noch so lippensynchron sein, wie es die deutsche Übersetzung zulässt. Und wenn man so eine tolle Vorlage hat, dann wird aus Arbeit Spaß.

Dorie beginnt bruchstückhaft, sich an ihre Kindheit zu erinnern. Was sind Ihre Kindheitserinnerungen?
Ich war ein „Draußen-Kind“. Schnell Hausaufgaben machen und dann raus. Wir haben im Wald gern Buden gebaut, stundenlang.

Und was möchten Sie am liebsten vergessen?
Einige Auftritte beim Fernsehen, die ganz frühen. Als ich Anfang der 80er mit dem Moderieren anfing, gab es nicht viele Vorgaben. Dass Kinder moderierten, war neu und ich bekam nur wenig differenzierte Resonanz. Mir ist ja nicht viel peinlich, aber wenn ich mir heute meine damaligen Auftritte ansehe, finde ich diesen flapsigen Stil schon ziemlich nervig und altklug. Ich bin dankbar für die Chancen und die Freiheit damals, aber ein paar klare Ansagen und Hilfen hätten uns viel dünnes Gelaber erspart.

Der Film visualisiert das Leben im Wasser - Sind Sie eine Wasserratte?
Nein, eher ein Schisser. Wenn ich zu weit rausschwimme, macht mir die Tiefe Angst, alles unbekannt da unter mir, Hilfe!

Was haben Sie mit Dorie gemeinsam und was überhaupt nicht?
Gemeinsam haben wir die Unbefangenheit, eine große Neugier, die Naivität und ich bin privat auch sehr gesprächig. Ich bin aber nicht so planlos, sondern recht strukturiert und organisiert. Gehört glaube ich zum Job.

Worüber können Sie von Herzen lachen? Und wann haben Sie das letzte Mal Tränen gelacht?
Gestern großer Lachflash in der Straßenbahn. Ich bin mit einem Schauspielkollegen nach einer Besprechung beim WDR in die volle Bahn gestiegen und da war ein sehr mitteilungsbedürftiger junger Mann, der sich recht laut gefreut hat uns zu sehen. Es wurde sehr lustig und albern. Wer das beobachtet hat, hatte wahrscheinlich viel Spaß. So etwas mag ich sehr. Am meisten lache ich wohl über unfreiwillige Komik - diese kleinen, doofen Situationen. In meiner Familie und in meinem Freundeskreis: viele lustige, alberne Menschen!

In den Nemo-Filmen geht es auch immer um Freundschaft – was ist für Sie das Wichtigste in einer Freundschaft?
Da sage ich jetzt nichts Neues: ohne Vertrauen geht nichts! Viele messen die Qualität einer Freundschaft daran, wie lange sie dauert. Kann man diskutieren. Bei meiner Arbeit passiert es oft, dass man 2 Monate miteinander dreht, wirklich eng zusammen arbeitet, sich super versteht– wie in einer tiefen Freundschaft. Aber wenn man sich nach dem Dreh aus den Augen verliert, kann das trotzdem Freundschaft gewesen sein.

Wasser und Fisch ist auch mit Hamburg eng verbunden – wo ist Ihr Lieblingsplatz in der Hansestadt?
Ich mag Hamburg sehr – ich freue mich immer sehr, meinen dort lebenden Freund Charly Hübner („Bibi & Tina“-Filme, Anm. d. Red.) zu treffen, er gehört zum Ensemble am Schauspielhaus dort. Das Wasser überall gefällt mir. Neulich hatte ich einen Drehtag außerhalb Hamburgs und wir fuhren an einem Gefährt vorbei, halb Bus – halb Boot. Damit würde ich gern mal fahren! So auf das Wasser zuzufahren, rein, nicht abzusaufen, einfach weiterzufahren, ich frage mich, wie sich das anfühlt.

Wieder ein Film für Kinder - Was war früher Ihr Lieblings-Kinderbuch/-film?
Meine ersten Lieblingsbücher waren von James Krüss „Bienchen Trinchen Karolinchen" und Astrid Lindgren „Pippi Langstrumpf", bei den Filmen habe ich genommen, was das Kino in unserem Dorf anbot: „Das fliegende Klassenzimmer“, „Dschungelbuch“, „Robin Hood“.

Sie machen beruflich viel für Kinder – was können Erwachsene von Kindern lernen?
Echtheit. Und Angstfreiheit vielleicht. Naivität. Und die Begeisterung für Unerwartetes.

Sie waren Gastdozentin an der Kunsthochschule für Medien in Köln – wo sehen Sie Chancen der neuen Medien für Kinder und wo lauern Ihrer Meinung nach Gefahren?
Da bin ich zu konservativ und verstaubt, um repräsentativ zu sein: Ich bin selber nicht aktiv in den sozialen Netzwerken und habe alte Geräte zuhause rumstehen, mit denen ich kommuniziere. Vielleicht finde ich Gespräche und Begegnungen zu schön, um sagen zu können, was die sogenannten neuen Medien Kindern an Chancen bieten. Sie sehen, ich biege bei dem Thema und der Antwort schon sehr früh ab (haha), da ich extrem hohe Chancen sehe im analogen Miteinander. Nix gegen Filmedrehen mit dem Smartphone, zuhause Schneiden, Teilen - alles gut. Aber technisch bin ich da leider keine Hilfe.

Name: Anke Christina Engelke (bürgerlich: Anke Christina Fischer)
Geburtstag: 21.12.65 in Montreal (Kanada)
Wohnort: Köln
Kinder: 1 Tochter, 2 Söhne
Moderation und Comedy: u.a. „Die Wochenshow“ (1996-2000), „Ladykracher“ (2001-2004, 2008-2013), „Anke Late Night“ (2004), „Deutscher Fernsehpreis“ (2005, 2009), „Die Sendung mit dem Elefanten“ (2007, 2011), „Eurovision Song Contest“ (2011) Filme: u.a. „Der Schuh des Manitu“ (2001), „Freche Mädchen“ (2008, 2010), „Doktor Proktors Pupspulver“ (2014), „Rico, Oskar und die Tieferschatten“ (2014), „Frau Müller muss weg“ (2015), „Gespensterjäger“ (2015), „Doktor Proktors Zeitbadewanne“ (2015)
Synchronisationen: u.a. „Tarzan“ (1999), „Der kleine Eisbär“ (2002), „Findet Nemo“ (2004), „Oh, wie schön ist Panama“ (2006), „Die Simpsons“ (seit 2007), „Findet Dorie“ (2016)

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