Interview: Sarah Wiener

„Jedes fünfte Kind in Deutschland leidet an Fehlernährung.“

Interview: Sarah Wiener

Eigentlich lebt sie den „American Dream“ – vom Tellerwäscher zum Millionär: Die Österreicherin Sarah Wiener verlässt das Internat ohne Schulabschluss, trampt durch Europa, lebt von Gelegenheitsjobs und entdeckt schließlich durch die Mitarbeit im Restaurant ihres Vaters ihre Leidenschaft fürs Kochen. Die Spitzenköchin hat es in die Riege der beliebtesten Stars am Herd im deutschen Fernsehen geschafft. Inzwischen führt sie drei Restaurants in Berlin, hat eine eigene Fernsehsendung bei „Arte“ und ist zudem erfolgreiche Unternehmerin und Buchautorin. Mit ALSTERKIND sprach sie über Fehlernährung in Deutschland, kulinarische Kindheitserinnerungen und was geschmacklich bis heute gar nicht geht …

Was hat Sie bewogen die „Sarah Wiener Stiftung“ ins Leben zu rufen?
Ich bin mit der Ernährungssituation, die mich umgibt, nicht einverstanden. Doch nur Kritisieren ist zu einfach. Zusammen mit ein paar Gleichgesinnten, zum Beispiel Alfred Biolek, habe ich dann die „Sarah Wiener Stiftung“ gegründet, um Kindern Kochen beizubringen. Jedes fünfte Kind leidet in Deutschland an Fehlernährung, es gibt also in Sachen Ernährungsbildung genug zu tun.

Warum haben viele Kinder heutzutage kein gesundes Verhältnis mehr zum Essen und wo muss man Ihrer Meinung nach ansetzten, das zu ändern?
Immer mehr Menschen haben immer weniger Ahnung von Ernährung. Sie sind nicht in der Lage, aus frischen Zutaten selbst eine einfache Mahlzeit zuzubereiten. Wir wachsen mit Gläschenkost und Mikrowellenprodukten auf und verlieren den Bezug zu natürlichen Lebensmitteln. Viele Menschen sind auf Fertigprodukte angewiesen, die ihnen die Lebensmittelindustrie auftischt. Das hat nicht nur katastrophale Auswirkungen auf die Gesundheit.

Kochen für Kinder ist für viele Eltern eine Herausforderung. Was sind Ihre Tipps gegen eine einseitige Pasta-, Pizza, Pommes-Ernährung?
Prinzipiell: Pizza und Pasta selbstgemacht ist doch wunderbar! Ich empfehle: Kaufen Sie keinen Vorrat an Fertiggerichten, dessen Etikett Sie nicht verstehen oder Süßigkeiten und Chips für zu Hause und führen dann einen Abwehrkampf darum! Sie haben ja ausschließlich die Geldhoheit. Auch „Fast Food“ kann man mit den Kindern ab und an selbst machen. Wenn Kinder ihr Essen selbst zubereiten, mögen sie eigentlich alles. Beziehen Sie Ihr Kind beim Kochen und Tischdecken ein, auch wenn es anfangs anstrengend ist. Und Stichwort Vorbildfunktion: Wer selbst Vollkornbrot zum Frühstück isst, wird früher oder später auch seine Kinder davon überzeugen.

Was gab es bei Ihnen zu Hause als Kind, das Sie nicht mochten? Mögen Sie es heute?
Ich mochte fast nichts, was einen starken Eigengeschmack hatte. Ich habe also meinen Horizont schon sehr erweitert mit der Zeit. Allerdings: Schimmelkäse zählt noch immer nicht zu meinen Lieblingen.

Was steht bei Ihnen Heiligabend auf dem privaten Speiseplan?
Sehr oft Ente mit verschiedenen Gemüsen und Salaten. Vielleicht gibt’s heuer Lamm … Ich habe da eine wahnsinnig gute Quelle in Frankreich von meiner Schäferin, bei der ich mitgearbeitet habe.

Sarah Wiener über ihre 2008 gegründete Stiftung

„Für gesunde Kinder und was Vernünftiges zu essen“:
Kinder lernen am besten durch eigenes Tun am Herd. Beim Kochen schult man zusätzlich soziale Fertigkeiten wie Selbstorganisation und Teamarbeit. Auch die Feinmotorik wird dabei trainiert. In der Grundschule oder am besten schon im Kindergarten kann man falschen Ernährungsgewohnheiten noch am leichtesten gegensteuern. Um Nachhaltigkeit zu gewährleisten, bilden wir Lehrer und Erzieher als Genussbotschafter aus, die dann mit den Kindern in ihren Kindergärten und Schulen mehrmonatige Kochkurse durchführen. Dabei bekommen sie von uns ein auf Herz und Nieren geprüftes Konzept mit allen Materialien. Zusätzlich ermöglichen wir den Teilnehmern der Kochkurse eine Tagesfahrt zu einem Bauernhof. Ich möchte mit der Arbeit meiner Stiftung dafür sorgen, dass Kindern das Wissen und die Fertigkeiten vermittelt werden, sich selbstbestimmt und bewusst ernähren zu können.

Sie können die Sarah-Wiener-Stiftung mit einer Spende unterstützen. Mehr Infos unter www.sarah-wiener-stiftung.org

Steckbrief:
Name: Sarah Lohmeyer, geb. Wiener
Geboren: 27. August 1962 in Halle, Westf.
Wohnort: Berlin
Familienstand: verheiratet mit dem Schauspieler Peter Lohmeyer, ein Sohn (aus einer vorherigen Beziehung)
www.sarahwiener.de

Ihr Lieblings …
Küchenutensil? Messer und Holzbrett
Gemüse? Artischocke und Knoblauch
Gewürz? Glatte Freilandpetersilie
Reiseland? Japan (aktuelles Reiseziel)

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