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Raus aus der Stadt! Albtraum Wohnungssuche
Immer mehr Familien zieht’s aufs Land
Foto: Fotolia
Die Nachricht, dass Sophie schwanger ist, hat sie mit großer Freude erfüllt. Sie kann ihr Glück kaum fassen, doch gleichzeitig kommen auch die ersten Bedenken: Ihre 1,5-Zimmer-Wohnung in Eppendorf, in der sie mit Freund Philip derzeit wohnt, ist zu klein für eine Zukunft zu dritt. Alles, was ihr zu ihrem perfekten Idyll jetzt fehlt: eine größere Wohnung. Irgendwo in Eimsbüttel, Winterhude, Ottensen oder Altona - 3 Zimmer mit Balkon oder kleinem Garten.
Doch die Suche nach dem Traum wird bald zum Albtraum. Wohnungen mit 2 bis 3 Zimmern sind in Hamburg selten. Die Stadt ist äußerst beliebt bei Singles. In jeder zweiten Wohnung lebt nur eine Person, oft auf einer Fläche, die für eine kleine Familie reichen würde. Hinzu kommt: Hamburg wächst. Fast 1,8 Millionen Menschen leben aktuell in der Hansestadt. Bis 2030 könnten es laut Demografie-Konzept des Hamburger Senats 300.000 Einwohner mehr sein. Auch die Geburtenrate steigt seit 2014 wieder stetig. So sind in 2016 mit über 3.000 Neugeborenen doppelt so viele Kinder zur Welt gekommen wie 2015. Zeitgleich werden die Hamburger immer älter. Mehr als 430.000 sind 60 Jahre und darüber. Das sind rund 24 Prozent der Bevölkerung.
Nur, wo sollen all die Leute wohnen? Die Stadt reagiert, stampft ein Bauprojekt nach dem anderen aus dem Boden. Und doch reicht es nicht. Die Mieten steigen weiter – zuletzt um 5,6 Prozent in einem Jahr und der Quadratmeterpreis auf rund 12,45 Euro.
Überall in Hamburg prägen Baugruben das Stadtbild. Die letzten Baulücken schließen sich. In „Mitte Altona“ konnten die ersten Wohnungen auf dem alten Bahngelände bereits bezogen werden. Insgesamt werden dort 3600 neue Einheiten entstehen. Angrenzend auf dem Gelände der Holsten-Brauerei, die in diesem Jahr wegzieht, entsteht ein Stadtquartier mit weiteren 1600 Wohneinheiten. In Bahrenfeld soll das ehemalige Kolbenschmidt-Gelände bebaut werden und das Hermes-Hochhaus muss rund 1000 neuen Wohnungen weichen. In Wandsbek sind in den vergangenen Jahren mehr als 8800 Baugenehmigungen erteilt worden – so viel wie nirgends sonst in der Hansestadt. Und auch Wilhelmsburg wird wachsen: Bausenatorin Dorothee Stapelfeldt sieht auf der Elbinsel Potenzial für 5000 neue Wohnungen.
Für Sophie bedeutet der Platzmangel und eine vergebliche Suche nach bezahlbaren Immobilien innerhalb der Stadtgrenze in Hamburg ein Umdenken. Die Lösung ihres Problems: Raus aus der Stadt – rauf aufs Land. Wir haben den Umland-Check gemacht.
Fritz (9): "Das Tollste an Rissen ist, dass wir zu Fuß in den Wald und an den Elbstrand laufen können. Aber ich möchte auch mal in Bremen wohnen, weil ich Werder-Fan bin."
Kalle (6): "Rissen ist so schön, weil wir hier Hühner in unserem Garten haben können. Ich möchte für immer hier bleiben!"
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David, Onkel Frank, Simon, Papa Michael, Mama Heleen und Jonah
Heleen: "Anfang der 50 Jahre kauften meine Schwiegereltern ein Grundstück im Hamburger Westen und bauten darauf ein kleines niedliches Häuschen. In 2006 haben wir es dann übernommen und seitdem mehrere Male erweitert und modernisiert. Wir freuen uns im Grünen, nah an der Elbe und trotzdem in dieser schönen Großstadt wohnen zu dürfen. Für die Zukunft hoffen wir, dass die Kinder weiterhin so glücklich & unbeschwert leben können."
Das ist das Traumhaus der Deutschen
Die Wohnträume der Deutschen sind überraschend bodenständig und konventionell. Das Traumhaus der Deutschen ist das Einfamilienhaus – ein Penthouse oder eine Villa wünschen sich vergleichsweise wenige.
Gemessen an den Miet- und Kaufpreisen zählt Hamburg zu den teuersten Großstädten in Deutschland. Und Hamburg ist zweifellos auf Wachstumskurs: 2016 wurden Häuser, Wohnungen und Grundstücke für rund 10,2 Milliarden Euro gehandelt. Das ist ein Plus von 5% Prozent zum Vorjahr. Für exklusive Lagen muss man Liebhaberpreise in Millionenhöhe zahlen. Für begehrte Adressen in Harvestehude oder auch in Eppendorf sind 2017 die Nettoverkaufspreise für Wohnungen um knapp 12% Prozent auf 5.200 Euro/m² gestiegen. Auch in mittleren Lagen reichen die Preise für neue oder top sanierte Einfamilienhäuser an 800.000 Euro heran - teilweise auch deutlich darüber. Selbst Objekte in einfacher Lage werden selten unter 300.000 Euro angeboten.
Die hohe Nachfrage treibt die Preise in die Höhe. Wohnungen beispielsweise in Neustadt werden mit einem Preisanstieg von 6% zum Vorjahr für aktuell ca. 4.400 Euro/m² angeboten. In der HafenCity liegen die Verkaufspreise für Wohnungen je nach Ausstattung und Lage zum Wasser sogar bei 6.350 Euro/m². In Winterhude liegt der Nettokaufpreis für Ein- und Zweifamilienhäuser im Schnitt bei 6.100 Euro/m². Häuser in Uhlenhorst liegen aktuell bei etwa 7.000 Euro/m² und Wohnungen bei 5.400 Euro/m². Für Wohnungen in Ottensen, die top in Schuss sind, lassen sich durchschnittlich 5.100 Euro/m² erzielen, Häuser werden für etwa 5.200 Euro/m² gehandelt. In Altona-Nord sind die Preise für Wohnungen innerhalb eines Jahres um rund 13% gestiegen, so dass der durchschnittliche Nettokaufpreis aktuell bei 5.000 Euro/m² liegt. In den bevorzugten Villen- und Einfamilienhausgebieten in den Elbvororten Blankenese, Nienstedten, Groß Flottbek und Othmarschen, wo viele angebotene Objekte über große Gartengrundstücke verfügen, liegen die Bodenpreise beispielsweise in Othmarschen bei 1.450 Euro/m², in Blankenese sogar bei 1.600 Euro/m². Ein durchschnittliches Einfamilienhaus kann hier bis zu drei Millionen Euro wert sein.
Aufgrund des knappen Angebots im gesamten Stadtgebiet weichen Familien zunehmend in Randbezirke aus, wie etwa ins östlich gelegene Lohbrügge nahe Bergedorf. Hier sind die Preise innerhalb eines Jahres um 8% gestiegen und liegen aktuell bei 2.500 Euro/m². Auch Billstedt konnte im letzten Jahr eine Preissteigerung für Wohnungen von etwa 9% auf 2.500 Euro/m² verzeichnen. Dennoch zählen die Kaufpreise hier zu den günstigsten der Stadt.
Zukünftig soll es neben Alster und Elbe jedoch auch an der Bille begehrte Wohnlagen geben. Dazu will der Hamburger Senat bis 2030 attraktive Grünräume und Wasserlagen schaffen. Außerdem sollen tausende Wohnungen entlang der Elbe entstehen. Dadurch wird sich der Hamburger Osten in den nächsten Jahren stark verändern. Bereits gewandelt hat sich der einstige Arbeiterstadtteil Rothenburgsort, der unterhalb von Horn liegt und sich in Zukunft in direkter Nachbarschaft zur HafenCity befinden wird. Der durchschnittliche Nettokaufpreis für Wohnungen ist auf fast 3.300 Euro/m² gestiegen. Demnächst wird hier ein Wohncampus für Studenten gebaut, sowie Hunderte Miet- und Eigentumswohnungen. Auch südlich der Elbe tut sich viel. So ist Wohnen in Wilhelmsburg besonders bei jungen Leuten beliebt, was sich am Preisanstieg für Wohnungen von 12% innerhalb eines Jahres bemerkbar macht. Nettokaufpreise von 2.600 Euro/m² können hier erreicht werden. In Harburg im Stadtteil Eißendorf, der neben dem Harburger Stadtpark entlang des Göhlbachtals liegt, werden für Wohnungen aktuell ca. 2.500 Euro/m² gezahlt, für Häuser um 2.700 Euro/m². Zunehmend attraktiv wird außerdem Neugraben-Fischbek an der Grenze zu Niedersachsen, wo einige Neubaugebiete für mehrere tausend Menschen inklusive Nahversorgung entstehen. Geplant sind Einfamilien- und Reihenhäuser sowie Mietwohnungen. Wer hier heute eine Wohnung kaufen möchte, kann mit 2.200 Euro/m² rechnen.